Das Frühstück wird uns im Festsaal serviert (andere Räumlichkeiten werden gerade renoviert). Die Auswahl ist sehr ordentlich, der Kaffee dünn.
Wir wandern anschließend durch den Park zum Strand, der irgendwie einen etwas maroden Charme ausstrahlt. Man muss wohl zugutehalten, dass wir uns in der Vorsaison befinden, aber nach einem durchdachten Tourismuskonzept sieht das irgendwie nicht aus.
Ausgestattet mit Tagesverpflegung steigen wir in den Regionalzug nach Sofia, der optisch ähnlich ältlich ist wie der vom Vortag, aber wesentlich bessere Sitze bietet. Im WC findet sich wie schon im Zug von Russe nach Varna das Schild „Must not be used while train stops at a station“, und wir sind gespannt, ob es auch wieder so eine beschaulich-langsame Fahrt wird ...
Es kommt wie erwartet, gemütlich rollen wir durch die teils eigentümliche Landschaft und können in aller Ruhe aus dem geöffneten Fenster einen Riesenschwarm Störche fotografieren. Toll! Bulgarien zeigt sich vom Zug aus noch um einiges dünner besiedelt und ärmer als Rumänien. Als Symbolbild – das wir bewusst nicht aufgenommen haben – bleibt ein älterer, offensichtlich nicht zu den Gewinnern gehörender Mann hängen, der eine rote Plastiktüte trägt. Die Aufschrift: „This is what a winner looks like“, darüber ein nach oben weisender Pfeil ... zynischer könnte man kein Foto stellen.
Je näher wir Sofia kommen, desto mehr Leute steigen zu. Gegen Ende ergibt sich noch ein nettes Gespräch mit einer Bulgarin, die dank eines Stipendiums die Chance bekam, im Ausland zu studieren und nach 20 Jahren wieder zurückgekommen ist. Ihre Aussage: „There is no optimism among Bulgarians, they are all sad.“ Das ist genau der Eindruck, der sich auch vom Zug aus aufdrängt und erst in Sofia durch eine positivere und lebendige Atmosphäre abgelöst wird.
Am Bahnhof angekommen versuchen wir noch ein letztes Mal, etwas über die angebliche Zug-„Verbindung“ nach Griechenland bzw. Athen in Erfahrung zu bringen. An zwei Schaltern scheitern wir kläglich, am dritten, der in kyrillischen Buchstaben über „Internationale Verbindungen“ informiert, versteht immerhin eine freundliche Person das Anliegen und schreibt von Hand die einzige Möglichkeit auf, um mit Zug und Bus an einem Tag die 320 km zwischen Sofia und Thessaloniki zu überwinden – von Athen ist gar nicht erst die Rede! Immerhin ist jetzt bestätigt, was Heinz über diverse Internetportale schon eruiert hatte.
Wir checken im Hotel Budapest ein, das zwar in der Bahnhofsgegend liegt, aber sehr modern und ansprechend ist, mit freundlichem Personal und großem Zimmer im 6. Stock mit Blick über die Stadt – bestens.
Da es in Sofia sehr „frisch“ ist (windige 5 oder 6 Grad Celsius) ziehen wir uns warm an und fahren auf Anraten der Mitreisenden zwei U-Bahn-Stationen zum Kulturpalast. Von dort aus arbeiten wir uns wieder hoch Richtung Hotel. In Ermangelung sonstiger Supermärkte versorgen wir uns beim omnipräsenten Lidl mit allem Nötigen für die Busfahrt am nächsten Tag und stoßen dabei zufällig auf die EU-Vertretung in Sofia – Europaflaggen sieht man tatsächlich sehr viele in Bulgarien!
Unser Spaziergang führt uns noch an einigen Sehenswürdigkeiten vorbei, sodass wir einen kleinen Einblick in die Stadt bekommen. Wir verzichten auf die Suche nach einem Restaurant mit lokaler Küche und beschließen den Abend in einem Pub, Vitosha Street Café. Eine gute Wahl, denn man serviert uns einen leckeren Angus-Rind-Burger bzw. Chopped Pork und dazu noch den Anfang des wohl legendär werdenden Champions-League-Rückspiels zwischen Liverpool und Barcelona ... leider sind wir zu müde, um das dramatische Spiel im Pub zu verfolgen, zumal wir hier Deutschland eine Stunde voraus sind.