Am Morgen regnet es, entgegen allen Vorhersagen. Wir disponieren daher kurzfristig um und tun noch was für die Bildung im Bauhaus-Museum. Das ist tatsächlich eindrucksvoll und hätte ein bisschen mehr Zeit verdient, als wir ihm widmen können, aber für einen ersten Eindruck reicht es.
Gegen Mittag hört es wie im Regenradar „versprochen“ auf zu regnen, und wir begeben uns auf den weiteren Ilmtal-Radweg, der auf dieser Etappe einfach herrlich idyllisch ist und durch eine sehr abwechslungsreiche Landschaft führt.
Bei Oberroßla lassen wir uns um ein Haar auf eine Baustellenumleitung mit steilem Schiebeanstieg schicken, vor dem uns allerdings nette Anwohner bewahren. Überhaupt muss man vor Apolda genau aufpassen, ob man tatsächlich in die Stadt will oder einfach dem Radweg nach Niederroßla und Zottelstedt folgt, der Apolda rechts liegen lässt. Wir landen irgendwie automatisch in Apolda, was angesichts unseres Kuchenappetits auch ganz praktisch ist. Im Marktcafé serviert man uns gar köstliches Gebäck — gut getroffen!
Da uns der Weg zurück zum Ilmtal-Radweg unnötig kompliziert erscheint, gönnen wir uns eine Abkürzung über den Napoleon-Radweg, der eine kleine Schleife abschneidet (ohne Niederroßla und Zottelstedt).
Insgesamt setzt sich die leicht hügelige Landschaft fort, ein bisschen auf und ab, aber grundsätzlich gut machbar. Und die Strecke ist gespickt mit Rastplätzen, die zum Teil ganz toll und liebevoll gestaltet sind, je nach Gemeinde. Die offizielle Wegweisung ist gelegentlich etwas seltsam, wenn zum Beispiel kilometerlang immer das „Großziel“ Naumburg dransteht und dann urplötzlich das Saale-Radweg-Symbol unter zwei Schildern mit gänzlich unbekannten Ortsnamen auftaucht, die in unterschiedliche Richtungen weisen. So ergeht es uns in Großheringen, dem Übergang vom Ilmtal- zum Saale-Radweg, wo wir schon die Handys zu Rate ziehen wollen, als wir rein zufällig ein vermutlich aus Verzweiflung und in purer Selbsthilfe von genervten Anwohnern an einem Imbiss angebrachtes Schild nach Naumburg entdecken — hübsch grün und in Holzoptik, mit leichten Abstrichen in Sachen Wiedererkennungswert.  
Hinter Saaleck entscheiden wir uns anstelle der flachen Landstraße (freiwillig) für die ausgewiesene Nebenstrecke mit Höhenmetern, die unterhalb der Rudelsburg zu einem wunderbaren Aussichtspunkt führt. Im weiteren Verlauf heißt es allerdings vor dem Löwendenkmal „Radfahrer absteigen“, was sich angesichts der Felsbrocken im Weg auch als durchaus empfehlenswert erweist. Die Anstrengung war der Ausblick allerdings unbedingt wert!
Insgesamt bekommt der Ilmtal-Radweg von uns auf jeden Fall 5 Sterne in Sachen Ausbau und Strecke, da stimmt (fast) alles ... abgesehen von den Höhenmeterangaben auf der Website, die für den gesamten Radweg von 121 km nur 123 Höhenmeter ausweist, während wir allein auf den heutigen 60 km schon 620 Höhenmeter geradelt sind, die beileibe nicht alle von der Nebenstrecke „abgedeckt“ werden.
In Naumburg radeln wir zu unserem Hotel Toscana um die Ecke vom Marktplatz, das uns positiv überrascht: Das Haus aus dem Jahr 1558 ist urig, die Zimmer mit soliden Möbeln (aus den 80ern?) sind riesig und sehr ruhig, der Betreiber nett. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt voll!
Wir bummeln einmal zum Dom, stellen fest, dass der Ort für so einen Freitagabend doch extrem ruhig ist, und spazieren zurück zum Markt. Kaum haben wir dort Plätze vor dem Ratskeller erobert, werden wir auch schon mit der Frage konfrontiert: „Sie wissen, dass wir heute draußen keine Küche haben? Drinnen ist es so voll, dass wir draußen nicht bewirten können.“ Nein, wussten wir nicht, gefällt uns auch ganz und gar nicht und führt dazu, dass wir in die Örtlichkeit gegenüber wechseln, wo uns das Kanzlei Café freundlich empfängt. Am Ende sind wir froh, dort eingekehrt zu sein, das Essen (Wildschweinschnitzel und Gulasch) ist phantastisch, die Bedienung superfreundlich — alles bestens!
Drinnen hängen uralte Gerichtsdokumente an den Wänden, der Name ist historisches Programm.